über die Stadt Eár Galion (Leseprobe)

über die Stadt Eár Galion (Leseprobe)

Nichts und niemand bereiteten einen Fremden auf diese Stadt vor.
Jeder Sinn wurde überfordert, die Eindrücke waren ein Taumel.
Nachdem sie das Stadttor durchschritten hatten, war Eár Galion ihnen über ihren Köpfen zusammengeschlagen. Sie ließen sich von dem Strudel aus Menschen und Elfen aller erdenklichen Hautfarben, Religionen, Kulturen und Kleidungsstile mitreißen. Hierhin und dorthin wendeten Sie den Blick, ertappten sich, dass sie wie Idioten Maulaffen feilhielten.
Alles schien beseelt vom Lärm, vom Gewimmel, von all der Aktivität.
Durch die Vielzahl der Ablenkungen und die verschlungenen Pfade hatten sie bald die Orientierung verloren.
Links von ihrer Position wälzte sich blubbernd und starrend vor Dreck der breite Strom Anaskimander in Richtung Meer. Wie ein Schnitt teilte der Fluss die Metropole in zwei Hälften: die Weststadt mit Kathedrale und Burghügel und die Oststadt auf der anderen Seite. Er führte die Abwässer, den ganzen Kot und Unrat dieser Stadt mit sich und verseuchte noch auf viele Meilen hinaus den Ozean.
Vereinzelte grün gewandete Ruderer transportierten zahlende Fahrgäste. Binnenschiffer stakten mit Stangen unter den elf Brücken herum, sangen, pöbelten, stießen schrille Pfiffe aus, um sich untereinander zu verständigen. Mit ihren Flachbodenbooten verfrachteten sie hauptsächlich Waren, seltener Passagiere, die sich wegen des üblen Geruchs des Flusswassers Tücher um Mund und Nase gebunden hatten.
Eine Kuh trieb langsam flussabwärts, die Hufe gen Himmel gerichtet.
Die Drei irrlichterten weiter durch die glitschigen Gassen voller Kot, Kehricht, Spülwasser, Schlamm, Pfützen und huschenden Getiers. Die Luft waberte. Sie trug als Fracht die Pestilenz eines allzeit brachialen Gestanks mit sich, der mit Windrichtung und Ort laufend Qualität und Quantität änderte, jedoch nie verschwand.
(aus »Drei wie Pech und Schwefel: Homunculus«)